Zwetana Penova,
Service & Product Design

Job in San Francisco

Published July 18, 2012

Yepp, frische Twitter-News von Ideo.org – es wird ein Grafikdesigner gesucht und auch wenn ich (noch!) keinen Umzug nach San Francisco plane, bin ich nun sehr neugierig und kucke rein, was von einem Designer erwartet wird …

Ideo ist nicht gleich Ideo

Zuerst zum potenziellen Arbeitgeber – hier handelt es sich um eine Stelle bei der Non-Profit Organisation der IDEO – IDEO.org. IDEO.org unterstützt und initiiert nicht kommerzielle Projekte in sozialen und kulturellen Bereichen. Der Schwerpunkt von IDEO.org ist also, grob zusammengefasst, - soziale Innovation – großartiges Thema – daher bitte nicht mit Agentur Ideo.com verwechseln! Da ich schon seit langem Fan der IDEO.org-Plattform bin, macht mich die Stellenanzeige sehr neugierig und ich schaue mir mal schnell den Anzeigetext an.

Lesercheck

Unsichtbare Städte“ von Italo Calvino beginnt mit den Worten Marco Polos, der sagt, dass er, wenn er eine fremde Stadt beschreibt, sie zuerst mit seiner Heimat Venedig vergleicht.

Im Vergleich mit den Jobanzeigen im Newsletter von Designerdock ist die Prosa von IDEO ziemlich experimentell. Eine Standardanzeige ist sonst nach dem Muster aufgebaut: An erster Stelle kommt die Beschreibung der Aufgaben – eine to Do-Liste, die manchmal sogar um not-to-Dos ergänzt wird. Dann folgen die fachlichen Anforderungen an die Bewerber – meistens sind das die Punkte, die man entweder schon mal abgearbeitet hat und mit dem Studium belegen kann (z. B. Corporate Design, CMS-Kenntnisse, Erstellung von Dokumentationen) oder es werden noch die Programme erwähnt, in denen der Bewerber fit sein sollte. Erst zum Schluss kommt eine kurze Zusammenfassung der persönlichen Anforderungen – generell wird dabei die Perspektive der Agentur betont: Man sollte also bereit sein, sich in alle Bereiche einzuarbeiten und dabei Neugier und Lernbereitschaft im definierten Rahmen mitzubringen.

Nun habt ihr euer Wissen über die klassische Jobanzeige aufgefrischt und könnt euch darüber wundern, das IDEO.org von diesen Regeln offensichtlich nicht viel hält.

Natürlich herrschen in San Francisco andere kulturelle und sprachliche Konventionen, aber vor allem der neue Blick auf die Aufgaben und Rolle der Designer bei IDEO.org macht diese Anzeige so interessant.

Was will IDEO.org?

Persönliche und fachliche Anforderungen werden in der Anzeige (bewusst) inhaltlich nicht getrennt. In einer Zeile steht, dass der Bewerber Erfahrungen in Storytelling und Identity mitbringen sollte, in der nächsten wird schon gesagt, dass er eingeladen ist, eigene Interessen und Hobbys wie Film oder Fotografie in die Arbeit einzubringen. Ich werde nun nicht die ganze Anzeige hier übersetzen, sondern die interessantesten Anforderungen auflisten:

Der Bewerber soll

  • die Gabe besitzen, die Geschichten (Projekte) fesselnd und crossmedial zu entwickeln.
  • Lust verspüren, mit eigenen Ideen und mit den Ideen der Kollegen zu experimentieren.
  • es lieben im Team zu arbeiten … und nett zu den Menschen sein, die wenig Ahnung von Grafikdesign haben.
  • eine dicke Haut haben, in der Lage sein, die ersten Ideen und Skizzen mit den anderen zu teilen. Es akzeptieren, dass die gestalterischen Details nicht immer in der Anfangsphase des Projektes im Vordergrund stehen.
  • Beratungskompetenz und Erfahrung im Dialog mit den Kreativen und Kunden besitzen.

Zum Schluss wird noch sehr kurz erwähnt, dass ein Bachelor Abschluss in Design oder etwas Vergleichbares erwartet wird und der Bewerber die üblichen Programme beherrschen soll.

Auch wenn diese Anforderungen zunächst ungewöhnlich erscheinen, erzählen sie viel über die Rolle der Designer, die IDEO mit Designthinking und HCD (human centered design) lebt:

  • Sprachlich wird die Bedeutung der Motivation betont.
  • Man soll sich als T-Shaped Teammitglied sehen, um eigenes Fachwissen mit den Kompetenzen der Kollegen zu vernetzen.
  • Der Designer soll die Sprache der Kunden verstehen und sprechen können.
  • Der Bewerber soll Rapid Prototyping Methoden und Ideenfindungsmethoden beherrschen.

IDEO ist bekannt für seine innovativen Projekte und Arbeitsmethoden. Diese Anzeige ist für mich noch ein weiterer Beweis dafür, dass die Rolle der Designer eine Veränderung erlebt, die neue zusätzliche Kenntnisse und Erfahrungen verlangt. Mich interessiert es nun, ob und wie die heutigen Studenten an den Designhochschulen auf solche Aufgaben vorbereitet werden. Die ganze Anzeige könnt ihr als PDF hier runterladen.